Lidl plant Nahversorgungszentrum in Feldkirchen-Westerham – Was bedeutet das für die Gemeinde?
Am östlichen Ortsrand von Feldkirchen soll ein zweites Nahversorgungszentrum entstehen, das einen Lidl-Markt, eine Drogeriefiliale sowie eine Apotheke umfasst. Ein solches Projekt bringt sowohl Chancen als auch Herausforderungen mit sich.
Bild: Lidl Immobilien Deutschland GmbH & Co. KG | Grafik: Rakete GmbH, München
Die Planung im Überblick
Das geplante Nahversorgungszentrum an der Rosenheimer Straße soll auf einer derzeitigen Grünfläche errichtet werden, die bereits seit 2017 als Gewerbegebiet ausgewiesen ist, jedoch baurechtlich noch zum Außenbereich gehört. Die Realisierung erfordert daher ein Bauleitplanverfahren.
Geplante Flächen:
• Lidl-Markt mit ca. 1.450 m² Verkaufsfläche
• Drogeriemarkt mit ca. 750 m² Verkaufsfläche
• Apotheke mit ca. 100 m²
• 123 Stellplätze
• Gesamtfläche knapp 11.000 m²
Lidl setzt dabei auf Nachhaltigkeit: Die Filiale wird mit Photovoltaikanlagen, E-Ladestationen und energieeffizienter Beleuchtung ausgestattet. Rund 25 % der Fläche soll als Grünfläche erhalten bleiben.
Die Notwendigkeit des Vorhabens wurde geprüft!
Beim Erstantrag im Frühjahr 2024 hat sich Verwaltung und Gemeinderat zunächst die Frage nach der Notwendigkeit gestellt. Ein entsprechendes Gutachten wurde gefordert und belegt nun die Sinnhaftigkeit des Discounters mit Drogerie und Apotheke. Laut Gutachten verbessern diese neuen Einkaufsmöglichkeiten die Versorgung für rund 40 % der Gemeindebürger, vor allem in den nördlichen Gemeindebereichen von Feldkirchen bis Laus und Großhöhenrain. Angesichts des gestiegenen Bedarfs in Kombination des zu erwartenden Bevölkerungswachstums besteht langfristig Handlungsbedarf. Mit Sorge blickt man auf die zweifelsfrei hohe Flächeninanspruchnahme, jedoch lässt sich ein Vorhaben dieser Größenordnung – anders als Wohnbebauung – nicht im Bestand umsetzen.
In den vergangenen 12 Monaten wurden - gerade wegen des hohen Flächenbedarfs - alternative Nutzungskonzepte intensiv geprüft. Insbesondere die Kombination mit Wohn- oder Gewerbenutzung in einem Obergeschoss über dem Markt wurden analysiert. Doch rechtliche Aspekte und wirtschaftliche Hürden - wie ein nötiger Mietpreis von ca. 20€ pro qm - sprechen dagegen.
Alternativen im Obergeschoss:
• Wohnnutzung: Wegen der befristeten Laufzeit nicht sinnvoll. Zudem wäre der Mietpreis nicht marktgerecht.
• Gewerbliche Nutzung: Wäre möglich, allerdings ebenfalls zu nicht marktgerechtem Mietpreis. Weiterhin besteht kein ausreichender Bedarf für Gewerbeflächen in Obergeschossen. Gespräche mit ansässigen Firmen und Institutionen ergaben kein Interesse und es stehen bereits geschossige Gewerbeflächen im Gemeindegebiet leer.
Zwar gibt es in der Praxis mehrere Beispiele bei welchen die Nutzung eines Obergeschosses gelungen ist, im konkreten Fall ist dies jedoch nicht möglich, da privatrechtliche Gegebenheiten (befristete Nutzungsdauer mit Rückbauverpflichtung) dagegensprechen und die Wirtschaftlichkeit zu vermietbaren Konditionen nicht gegeben ist.
Vorteile für die Gemeinde
Laut der von der Beratungs + Management GmbH erstellten gutachterlichen Stellungnahme bringt das Vorhaben eine Reihe positiver Effekte mit sich:
• Bessere Nahversorgung: Der Norden von Feldkirchen hat bislang keine Apotheke und keinen Drogeriemarkt. Die neue Ansiedlung gleicht dieses Defizit aus.
• Reduzierung des Einkaufsverkehrs: Viele Bürger fahren derzeit für ihre Einkäufe nach Westerham oder Bruckmühl. Ein Lidl-Markt in Feldkirchen könnte diese Fahrten verringern. Einkaufszahlen von etwa 1000 Bürgern pro Tag sind zu erwarten, ein Teil davon muss dann nicht mehr zwischen den Gemeindeteilen pendeln.
• Stärkung des Einzelhandels: Eine größere Einkaufsvielfalt an einem Standort steigert die Attraktivität und erhöht die Kaufkraftbindung in der Gemeinde. Außerdem wird der bestehende Vollsortimenter am Standort gestärkt.
• Wirtschaftliche Effekte: Zusätzliche Kaufkraftzuflüsse aus umliegenden Gemeinden in Höhe von 3-4 Mio € sind zu erwarten. Auch da die Lage direkt an der Staatsstraße optimal ist.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist eine Verbesserung der Anbindung: Langfristig soll eine Fuß- und Radwegverbindung aus Richtung Süden, vom Rathaus bis zum Markt geschaffen werden. Dies würde es den Bewohnern der Siedlungsbereiche im Feldkirchener Osten ermöglichen, das neue Nahversorgungszentrum auch ohne Auto noch besser zu erreichen.
Kritische Aspekte und Herausforderungen
Doch es gibt auch Herausforderungen, die berücksichtigt werden müssen:
• Hochwasserschutz: Das geplante Areal liegt in einem potenziellen Überschwemmungsgebiet des Feldkirchener Bachs. Vor einer Genehmigung muss die Machbarkeit mit dem Wasserwirtschaftsamt geklärt werden.
• Verkehrsaufkommen: Trotz des reduzierten innergemeindlichen Verkehrs könnten neue Verkehrsströme an der Rosenheimer Straße entstehen. Bei ca. 14000 Fahrzeugen die sich sowieso derzeit hier bewegen, wird dies jedoch kaum wahrnehmbar sein.
• Wettbewerb für bestehende Händler: Zwar soll das benachbarte EDEKA-Geschäft von Synergieeffekten profitieren, dennoch könnte die Konkurrenz für andere Geschäfte steigen. Das Gutachten sieht jedoch keine Gefahr für den bestehenden Einzelhandel in der Ortsmitte.
Weiteres Vorgehen und städtebaulicher Vertrag
Streng genommen ging es in der Sitzung nur um den Aufstellungsbeschluss zum Bauleitverfahren. Bürgermeister Zistl ist es aber wichtig, der Öffentlichkeit alle relevanten Informationen schon jetzt zur Verfügung zu stellen, weshalb in der Sitzung ausführlich darüber berichtet wurde.
Der nächste Schritt ist der Abschluss eines städtebaulichen Vertrags mit dem Bauwerber, der durch die Verwaltung verhandelt und durch den Gemeinderat genehmigt werden muss. In diesem Vertrag sollen zentrale Forderungen der Gemeinde festgehalten werden:
• Dachbegrünung
• Photovoltaikanlagen
• Holzbauweise
• Ladesäulen
• Durchgrünung der Fläche
• Nutzung des Parkplatzes durch die Öffentlichkeit (auch außerhalb der Öffnungszeiten)
• Möglichkeit einer späteren Fuß- und Radwegverbindung von Süden
• Apotheke als fest vorgeschriebene Nutzung
Im Rahmen der Verhandlungen und im späteren Bauleitverfahren wird sich zeigen, ob das Projekt unter Berücksichtigung aller Rahmenbedingungen an dieser Stelle umsetzbar ist.
Zusammenfassung
Die Lidl-Ansiedlung bietet viele Vorteile für die Nahversorgung von Feldkirchen-Westerham, muss jedoch mit Bedacht und unter Einbeziehung aller relevanten Interessen geplant werden. Die Gemeinde und der Gemeinderat hat sich intensiv mit den Vor- und Nachteilen auseinandergesetzt und verschiedene Alternativen geprüft. Nun liegt es an der Verwaltung, die Rahmenbedingungen zu schaffen und die Beteiligten im Rahmen des Bauleitverfahrens in den weiteren Prozess einzubinden.